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straße 62). Die übrigen Truppen schlugen auf dem Johannesplatze ein Lager auf.
Ter König in Dittelstedt: Am folgenden Tage verlegte der König sein Hauptquartier nach Dittelstedt, einem der 5 Mainzer Küchendörfer. Dies geschah Wohl nicht ohne Grund; denn in Dittelstedt mußte Mainz für die Hofhaltung sorgen. Der König wählte das einfache Heim des Lehrers Mathly zur Wohnung. Hier empfing er auch den Besuch des Freiherrn von Warsberg, des Mainzer Statthalters. Der König weilte gerade im Gespräch mit dem Lehrer auf dem Kirchhof und saß aus der Mauer, als der Freiherr erschien. Sofort eilte Mathly ins Haus, um für den Statthalter, der doch sein Herr war, einen Stuhl herbeizuholen. Er lud dann den Freiherrn eifrig zum Sitzen ein, ohne an die Pflicht, die er dem König schuldete, zu denken. Dem alten, ehrlichen Manne war die Sitte der großen Welt unbekannt.
Vom 17. bis zum 28. September wohnte der König im Psarrhause zu Kerspleben.
Die Königliche Garde hatte ihr Lager vor dem Schmidtstedter-tore aufgefchlagen, um in der Nähe des Hauptquartiers zu fein.
(Nach (Sonst. Beyer.)
60. Die Franzosen vor und nach der Schlacht bei Roßbach.
1757.
Vor der Schlacht: Ende August hielten die Franzosen ihren Einzug in Erfurt. Die französischen Heerführer waren redlich bemüht, gute Manneszucht zu halten. So ordneten sie für sämtliche Biereigen und handeltreibenden Bürger bei Geld- und Leibesstrafe an, keinem Soldaten etwas zu borgen. Bei jedem Einkauf sollten sie sich das Geld im voraus bezahlen lassen. Von ihren Quartiergebern dursten die Soldaten nichts anderes als Holz, Stroh, Licht, Salz, Pfeffer oder Ingwer verlangen. Stellten sie eine Mehrforderung, so konnten sich die Wirte beschweren.
Wie uns aber die Zeitberichte melden, scheinen die Anordnungen wenig Beachtung gesunden zu haben. Das Betragen der Soldaten wird durchweg als gemein und flegelhaft geschildert. Während des Gottesdienstes brüllten sie zu den Türen der evangelischen Kirchen herein. Die Regler Mädchenschule (heute Zentralhotel) verwandelten sie in eine Brotniederlage. Auch die Kauf-mannsfchule (Johannesstraße 7) sollte in ein Lagerhaus umgewandelt werden. Sie wurde darum während der Schulstunden immer fest verschlossen gehalten. Der Kreuzgang der Barfüßerkirche wurde eingeschlagen und Heu und Stroh darin aufgespeichert. Auch die Predigerkirche und die dazu gehörige Schule sollten in Vorratshäuser umgewandelt werden, und es kostete große Mühe,
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einzureihen. Als weitere Ehrung Halle die Erfurter Kaufmann-schaft beschlossen, dem Monarchen bis zur Landesgrenze enlgegen-zureiten.
Der Einzug: Am Morgen des 27. Septembers verkündete
das Geläut aller Glocken und der Donner der Kanonen die Ankunft des Kaisers, und alles strömte ihm zum Empfange entgegen, über welchen ein Augenzeuge berichtet:
Da ich gern Zeuge des Empfanges sein wollte, schlug ich einen Schlupfweg vom Walle binab, neben dem Tore, ein und kam, ohne mich vordrängen zu müssen, bei dem Platze an, wo der Magistrat, die Universität und die Geistlichkeit versammelt waren. Als der Kaiser bei Gamstädt angekommen, wurde er sogleich von den Behörden des Landes feierlichst empfangen. Die Kaufleute ritten vor und baten um die Gnade, ihm als Leibgarde zu dienen. Der Monarch nahm ihre Bitte sehr gnädig aus und hieß sie verrufen. Hierbei zeigten die Kaufleute eine seltene Kunst und Gewandtheit, indem sie die Schwadron Husaren, welche vor dem kaiserlichen Wagen herritt, übersprengten und vor ihr hersagten. Der Monarch ließ sie dann durch seinen Adjutanten wissen, daß sie bis zur Stadt nur hinterdrein reiten möchten, um sich zu schonen. Ungefähr eine halbe Stunde vor der Stadt befahl aber Höchst-derselbe sie wieder vor. So sah ich sie auch angesprengt kommen. — Jetzt donnerten von den Wällen des Petersberges die Kanonen. Alle Glocken der Stadt ertönten, und aus allen Kehlen erscholl ein durchdringendes „Vive l’empereur!“ Die Grenadiere und Übrigen Soldaten schwenkten ihre Hüte auf den Bajonetten. Ungefähr 500 Schritte vor dem Tore hatte sich, wie ich schon bemerkte, unter Anführung des Herrn Stadtkommandanten der Ma gistrat mit den Deputierten (Abgesandten) der Bürgerschaft, der hiesigen Universität und der Geistlichkeit versammelt. Jetzt hielt der Wagen des Kaisers. Der Herr Stadtdirektor überreichte auf einem vergoldeten Becken Sr. Majestät die Schlüssel der Stadt mit einer französischen Ansprache. Diese wurde von Sr. Majestät sehr huldreich ausgenommen. . .
Neues Vivatrnfen ertönte aus allen Kehlen, und dann rollten die Wagen in die Stadt. Ich zog meine Uhr, als der Wagen des Kaisers zum Brühlertorgewölbe hereinrollte. Es war Schlag 10 Uhr vormittags.
Napoleon begrüßt den König von Sachsen: Von hier
fuhr der Kaiser zum Gouncrncmcnt (Regierungsgebäude), wo er vom Könige von Sachsen bewillkommnet wurde. Nachdem er sich dann umgekleidet hatte, setzte er sich in einfacher Uniform, dunkelblauer Rock mit ^"llblauem Ordensbande, und mit dem gewöhnlichen schwarzen Hütchen, das ihn so sehr kennzeichnet, zu Pferde und machte dem König den Gegenbesuch. Zu dieser Zeit war der Fischmarkt angefüllt mit der Garde zu Pferde, Husaren und Ehas-
13
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Fenster des Geleitshauses bis auf eins, das heule noch vermauert ist, wieder geöffnet wurden.
Verlauf eines Tages: Am Tage sah man niemand arbei-
ten, nur die Sekretäre der Minister waren anscheinend mit Abschreiben beschäftigt. Die Tagesstunden schienen ausschließlich dem Vergnügen gewidmet zu fein. Gegen 9 Uhr vormittags fuhren die Herrschaften zur Audienz beim Lever (Morgenauswartung) der beiden Kaiser, und der Rest des Vormittags verstrich unter wechselseitigen Besuchen. Bei der Tafel kamen die Monarchen öfter mit Napoleon zusammen, bei welchem in der Regel nur der Kaiser Alexander speiste. Nach 7 Uhr abends begaben sich die beiden Majestäten und die meisten der anwesenden Großen ins Theater. — Nach Schluß desselben begleitete Napoleon den russischen Kaiser zur Wohnung, wo dann bei verschlossenen Türen oft bis *2 oder 3 Uhr nachts Verhandlungen gepflogen wurden. Häufig kamen auch die Kaiser zur Nachtzeit auf dem Gouvernement zusammen, und die wichtigsten Besprechungen wurden tun diese Zeit gehalten, so daß die Sekretäre der Minister selten vor 5 Uhr morgens zu Bett kamen.
Napoleon und die Fürsten: So spielte sich der geschäft-
liche Teil des Kongresses tief in der Nacht ab. Während der Erfurter Bürger längst in den Federn lag, wurde in den Mauern feiner Stadt über die Geschicke Europas bereiten und von den mächtigsten Herrschern ein Bündnis geschlossen, ohne daß auch nur das Geringste davon in die Oeffentlichkeit drang. Nur so viel war auch dem Nichteingeweihten klar, daß die einzigen handelnden Personen die beiden Kaiser waren. Die erst auf ihren eigenen Wunsch hinzugezogenen deutschen Fürsten bildeten den glänzenden Hintergrund, von dem die Figur Napoleons sich um so wirkungsvoller abhob.
Nur ein deutscher Fürst stand Napoleon näher und wurde von ihm bei jeder sich darbietenden Gelegenheit ausgezeichnet: der König von Sachsen. Den übrigen deutschen Fürsten trat Napoleon mehr oder weniger kühl-höflich und zurückhaltend gegenüber. Für sie war der Besuch des Kongresses, dem sie, ohne den Gewaltigen zu erzürnen, nicht sern bleiben konnten, keine Annehmlichkeit. Hierfür sei ein Beispiel aufgeführt. Napoleon hatte Befehl erteilt, daß die Hauptwache nur bei feinem und des ruffifchen Kaisers Erscheinen ins Gewehr treten solle. Eines Tages kommt ein König mit seinem Gefolge auf die Hauptwache zu, der Wachtposten, sei es, daß er feine Anweisung nicht genau kannte oder daß er unsicher geworden war, ruft die Wache heraus. Die Soldaten eilen an die Gewehre. Doch der französische Wachtoffizier erkennt mit einem Blick den Irrtum und brüllt den Wachtposten an: „Taisez-vous, ce n’est qu’un roi!“ Die Soldaten fetzen die Gewehre wieder hin und verschwinden im Wachtgebäude; die bereits
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Alexander Alexander Napoleon Napoleon Napoleons Napoleon Napoleon Napoleon
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tersberg her kam grüßend der laute Donner der Kanonen. Da bog auch schon der Zug in die enge Torstraße ein, und eine Woge hellster Begeisterung schlug über ihm zusammen. Ich war völlig benommen von dem, was ich sah und hörte. Bald aber löste sich die Spannung, und was die junge, kräftige Kehle an Stimme hergab, das kam dem allgemeinen Hurrarusen zu gute. Ich warf jetzt auch meine Kränze und Sträuße, und obwohl die Offiziere den Degen schon bis zur Spitze mit Eichenkränzen bedeckt und die Mannschaften Brust und Helm mit ihnen geziert hatten, so fan-den sie doch noch ihre Abnehmer.
Schneller als wir wollten, ging das ewig denkwürdige Schauspiel an uns vorüber. Eine gewaltige Menschenmenge flutete dem Zuge ins Innere der Stadt nach, um von den Empfangsfeierlichkeiten durch die Mitglieder der königlichen und städtischen Behörden und die Offiziere der Garnison an der Ehrenpforte etwas zu erspähen. Dann wurde die Siegesstraße auch sür uns gangbar, auf der's nun mit heißen Wangen und rotem Kopf sieges-matt heimwärts ging.
98. Das Kriegerdenkmal.
Grund der Errichtung: „Ehre ward Euch und Sieg, doch
der Ruhm nur kehrte zurück." Diese Worte Schillers sind am Unterbau des stattlichen Denkmals zu lesen, das den auf den Schlachtfeldern Frankreichs, Oesterreichs und auch Deutschlands gefallenen Offizieren und Mannschaften, die den Erfurter Bezirken entstammten, im Hirschgarten errichtet worden ist.
Aufbau und Deutung: Ihrer treu gedenkend, hat man die große Säule ausgestellt und die Spitze derselben mit einem vergoldeten Adler gekrönt. Wild regt er seine Schwingen und richtet wachsam den Kopf nach Westen auf das unruhige Frankreich, das immer noch an Vergeltung denkt. Etwas unterhalb des Säulenkopfes hat man einen ehernen Schild, nebst Schwert und Lanze aufgehangen und die Waffen mit einem Lorbeerkranz geziert. Die Säule gleicht der heiligen Eiche, unter der unsere Vorfahren ihre Helden begruben und an deren Stamm sie den Waffenschmuck der Tapferen befestigten. Der Fuß der Säule steht auf einem Würfel, an dessen einer Seite das erhaben gearbeitete Bildnis des gütigen, alten Kaisers Wilhelm zu erkennen ist, an dessen anderen Seiten die Wappenschilder Preußens, Erfurts und Sachsens zu sehen sind. Säule und Würfel sind aus einen großen, viereckigen, ' sarkophagähnlichen Unterbau gestellt, an dessen Ecken die Bilder der großen Feldherren Kaiser Wilhelms I. einen Platz gefunden haben. Da sieht der Beschauer die Helden: Kaiser Friedrich und Prinz Friedrich Karl, den Großherzog von Mecklenburg und gegenüber den Reichskanzler Fürst Bismarck, den Feldmarschall Moltke und den König Albert von Sachsen, den General von
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm Wilhelms_I. Friedrich Friedrich Friedrich_Karl Friedrich Karl Fürst_Bismarck Feldmarschall_Moltke
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Oesterreichs Deutschlands Frankreich Erfurts Sachsens Mecklenburg Sachsen
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Kaiserwetter die Umfahrt durch die Stadt. Dem Zuge voraus ritten 12 hiesige Bürger, dann folgten im ersten Wagen der Oberbürgermeister, der Bürgermeister und der Stadtverordneten-Vorsteher und im zweiten Wagen der Armeekorps-Kommandeur, General Graf Blumeuthal, und der Oberpräsident der Provinz Sachsen.
Ihm folgte der Wagen des Kaisers, der Generalsuniform trug.
Er wurde von nicht endenwollendem Hurrarufen der Menge begrüßt. Ihm zur Seite faß der Kronprinz in der Uniform der Nachoder Dragoner. Außerdem waren im Gefolge des Kaisers noch Prinz Friedrich Karl, der aber anstatt der sonst von ihm bevorzugten roten Husaren-Uniform die der Infanterie trug und darum nur schwer erkannt wurde, Prinz Wilhelm, unser jetziger Kaiser, und Feldmarfchall Graf Moltke. Auf ihn machte der Kronprinz besonders aufmerksam. Er riet der Jugend, die Kehlen bis zu Moltkes Vorüberfahrt zu schonen.
Auf dem Anger, am Standbild der Flora, wurde der Kaiser von Ehrenjungfrauen, die ihm einen prachtvollen Rosenstrauß überreichten, begrüßt. In der Augustinerstraße trat der Wirt des Restaurants zur „Weintraube" (jetzt zum „Kaisertrank") mit einem kornblumengeschmückten Tafelbrett an den Wagen heran und reichte Sr. Majestät und dem Kronprinzen zwei mit Bier gefüllte Gläser.
Beide nahmen lächelnd den Labetrunk entgegen und leerten die Gläser zum Teil. — Auf den Domstufen hatte eine ungezählte Schar weißgekleideter Schülerinnen, geschmückt mit Kornblumenkränzen, Aufstellung genommen. Am Fuße der Graden aber standen zwei Schwesterreihen von je 7 Töchtern des Herrn Oberbürgermeisters Breslau und des Herrn Obersten Blume, deren älteste Glieder den Kaiser mit einem kurzen Gedichte begrüßten und ihm einen Strauß überreichten. Zugleich aber erklang ein vieltanfend-stimmiges Hurra von den Stufen hernieder. Der Kaiser war über diese Begrüßung so gerührt, daß er das jüngste Töchterchen des Oberbürgermeisters auf feine Arme nahm und küßte. — Eine freundliche Ueberrafchuug wurde den hohen Gästen am Vorgarten des Aktienbades bereitet. Zwei Kinder, ein Knabe und ein Mädchen, als Matrose und als Schwimmerin gekleidet, kamen im Boot aus dem Schilf des Seeufers und begrüßten die Vorüberfahrenden mit Blumen. — Im Klostergang und in der Nenwerkstraße hatten die Bewohner des Landkreises Erfurt Aufstellung genommen. Ein Teil derselben trug noch die alte Tracht. — In der Schlöfferstraße bildeten die Schüler des Gvmnasinms und der Realschule Spalier; sie trugen zur Begrüßung lange Palmenwedel in den Händen.
Im Rathaus angelangt, wurde der Kaiser mit dem Gesang „Sehet, er kommt!" aus „Judas Maccabäus" begrüßt. Dann begab er sich nach dem Stadtverordneten - Saale, um an die Vertreter der Stadt einige leutselige Worte zu richten. Er gab darin seiner Freude Ausdruck über den Empfang, der ihm bereitet wor-
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Extrahierte Personennamen: Graf_Blumeuthal Friedrich_Karl Friedrich Karl Wilhelm Wilhelm Graf_Moltke
9. Die Befreiungskriege.
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vor Kälte erstarrt nieder, viele fanden ihren Tod in den Fluten der Beresina; nur etwa 50 000 sahen die Heimat wieder. Der russische General Diebitsch, der die Flüchtigen verfolgte, schloß in einer Mühle bei Tauroggen an der russischen Grenze mit dem preußischen General Aork einen Neutralitätsvertrag. Dieser Vertrag, der ohne Vorwissen des Königs geschlossen wurde, war die Einleitung zu dem Bündnisse Preußens und Rußlands gegen Napoleon.
9.- Die Befreiungskriege.
Im Februar 1813 wurde zwischen Preußen und Rußland ein Bündnis zum Kriege gegen Napoleon geschlossen. England versprach Hilfe. Da in Berlin ein französisches Heer lag, verlegte der König seine Residenz nach Breslau. Am 17. März rief er das preußische Volk zum Kriege auf. In dem Aufrufe heißt es:
„Ss wenig für mein treues Volk als für alle Deutschen bedarf es einer Rechenschaft über die Ursache des Krieges, welcher jetzt beginnt. Wir erlagen unter der Übermacht Frankreichs; der Friede schlug uns tiefere Wunden als selbst der Krieg; das Mark des Landes ward ausgesogen, der Ackerbau sowie der Kunstfleiß der Städte gelähmt, die Hauplfestnngen blieben vom Feinde besetzt. Übermut und Treulosigkeit vereitelten meine besten Absichten, und nur zu deutlich sahen wir, daß Napoleons Verträge mehr noch als seine Kriege uns langsam verderben mußten. Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo alle Täuschung aufhört. Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern, Litauer! Ihr wißt, was euer trauriges Los fein wird, wenn wir den Kampf nicht ehrenvoll endigen! Große Opfer werden von allen gefordert werden, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für welche wir sie hingeben, für die wir streiten und siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu fein. Es ist der letzte, entscheidende Kampf, den wir bestehen für unsre Existenz, unsre Unabhängigkeit und unsern Wohlstand. Keinen andern Ausweg gibt es als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang, weil ehrlos der Preuße und Deutsche nicht zu leben vermag. Mit Zuversicht dürfen wir vertrauen, Gott und ein fester Wille werden unsrer gerechten Sache den Sieg verleihen und mit ihm die Wiederkehr einer glücklichen Zeit."
Bald darauf erließen auch die preußischen Prinzessinnen einen Aufruf zur Gründung eines Frauenvereins, der die Mittel zur Kriegsrüstung beschaffen sollte. Die Seele des Unternehmens war Prinzessin Marianne, die Gemahlin des Prinzen Wilhelm, des jüngsten Bruders des Königs. Der Aufruf lautet:
„Das Vaterland ist in Gefahr! So sprach der König zu seinen getreuen, ihn liebenden Untertanen, und alles eilt herbei, um es dieser Gefahr zu entreißen. Männer ergreifen das Schwert und reißen sich los aus dem Kreise ihrer Familien, Jünglinge entwinden sich der zärtlichen Umarmung liebender Mütter, und diese, voll edlen Gefühls, unterdrücken die heilige
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleons Marianne Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Breslau Frankreichs Napoleons Pommern
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V. Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I
Auf französischer Seite wechselte die oberste Leitung der Schlacht zweimal. Marschall Mac Mahon war kurz vor 6 Uhr morgens von einem Granatsplitter verwundet worden und hatte dem General Ducrot den Oberbefehl übertragen. Als General Wimpfsen dies erfuhr, zeigte er dem General Ducrot eine Vollmacht des Kriegsministers, wonach ihm im Fall einer Behinderung des Marschalls die Heeresleitung übertragen sei. General Ducrot trat sie ihm ohne weiteres ab.
Gleich nach Mittag gewann General Wimpffen die Überzeugung, daß er sich mit seinem Heere in den Stellungen um Sedan herum nicht behaupten könne. Deshalb versuchte er einen Ausweg auf Carignan zu. Er setzte davon den Kaiser Napoleon in Kenntnis und bat ihn, sich an die Spitze der Truppen zu stellen, die es sich zur Ehre anrechnen würden, ihm den Weg durch das deutsche Heer zu bahnen. Der Kaiser antwortete ablehnend, weil er das vorgeschlagene Unternehmen für nutzlos hielt. Der tapfere General Marguerite suchte durch einen kühnen Reiterangriff die deutschen Linien bei dem Dorfe Jlly zu durchbrechen. Der Durchbruch mißlang, der General selbst fiel. Das französische Heer war vollständig nmziugelt von Bazeilles ab über La Moncelle, Givonne, Jlly, Saint-Menges, wie Karte 4 zeigt. Gegen 4 Uhr nachmittags befahl König Wilhelm, die Festung Sedan zu beschießen. Sobald die Flammen an einigen Stellen der Stadt emporschlugen, zogen die Franzosen die weiße Fahne auf, und die Schlacht hatte ein Ende.
König Wilhelm ließ den französischen Oberbefehlshaber zur Übergabe der Armee und der Festung auffordern. Kaiser Napoleon schickte an seinen siegreichen Gegner folgenden Brief:
„Monsieur mon frere,
N’ayant pas pu mourir au milieu de mes troupes, il ne me reste qu’ä remettre mon epee entre les mains de Votre Majeste. Je suis de votre Majeste le von frere
Sedan, le 1 sept. 1870. Napoleon.“
König Wilhelm antwortete:
„Monsieur mon frere,
En regrettant les circonstances dans lesquelles nous nous rencontrons, j’accepte l’epee de Votre Majeste, et je la prie de vouloir bien nommer un de vos officiers, muni de vos pleins pouvoirs pour traiter de la capi-tulation de l’armee, qui s’est si bravement battue sous vos ordres. De mon cöte, j’ai designe le general de Moltke ä cet esset.
Je suis de Votre Majeste le von frere
Devant Sedan, le 1er septembre 1870.1) Guillaume.“
In der Villa Bellevue (Karte) bei Donchery begannen noch am späten Abend die Kapitulationsverhandlungen. Als deutscher Bevollmächtigter hatte sich General von Moltke dorthin begeben; auf Befehl Sr. Majestät des Königs wohnte auch Graf von Bismarck der Besprechung bei. Von französischer Seite
*) Beide Briefe nach dem Faksimile und dem Abdruck S- 313* des Generalstabswerkes.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms Ducrot Napoleon Marguerite Bazeilles Wilhelm Wilhelm Napoleon Napoleon Wilhelm Moltke Guillaume Donchery General_von_Moltke
Extrahierte Ortsnamen: Mahon Sedan La_Moncelle Saint-Menges Sedan Sedan Villa_Bellevue
7. Der Französische Krieg 1870—1871.
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war infolge nochmals ergangener Aufforderung General Wimpffen mit mehreren Offizieren erschienen.
Schon auf dem Wege nach Donchery hatten Graf Bismarck und General von Moltke sorgfältig erwogen, inwieweit es möglich wäre, den nach tapferm Widerstand überwundenen Gegner zu schonen. Man blieb sich jedoch hierbei bewußt, daß die Franzofen eine erlittene Niederlage nicht verschmerzen würden, noch weniger aber eine gegen sie geübte Großmut.
General von Moltke forderte daher vor allem Niederlegen der Waffen und Kriegsgefangenschaft der französischen Armee. General Wimpffen erklärte hierauf, unter fo harten und die Ehre des französischen Volkes verletzenden Bedingungen den Abschluß einer Kapitulation nicht verantworten zu können; er machte den Vorschlag, man möge den Truppen das Versprechen abnehmen, in diesem Kriege nicht mehr gegen Deutschland zu dienen, und sie dann in ihre Heimat entlassen. Bei aller Geneigtheit des deutschen Bevollmächtigten, dem militärischen Gefühle des Gegners Rechnung zu tragen, stand aber die Überzeugung fest, daß es eines wirklichen Pfandes bedürfe, um das Ergebnis des errungenen Waffenerfolges im Interesse Deutschlands dauernd zu sichern. General von Moltke erklärte daher, an einer bedingungslosen Kapitulation festhalten und sie im Weigerungsfälle am nächsten Morgen mit den Waffen erzwingen zu müssen. General Wimpffen wurde ausdrücklich gestattet, die Stellungen des deutschen Heeres in Augenschein nehmen zu lassen, um sich von der Unmöglichkeit eines fernern Widerstandes zu überzeugen.
Graf von Bismarck trat den Ausführungen des Grafen Moltke bei. Den französischen Gegenvorschlag erklärte er als unannehmbar, weil sich bei den augenblicklich so unsicher» Zuständen des Landes eine neue Regierung entwickeln könne, die dann unter Nichtbeachtung des hier etwa geschlossenen Vertrages die ganze Bevölkerung zu beit Waffen rufen werde, wie dies im Jahre 1792 geschehen sei. Frankreich, das im Laufe der letzten Jahrhunderte wohl an zwanzigmal ohne triftigen Grund Deutschland den Krieg erklärt habe, werde auch diese Niederlage zu rächen suchen. Letzteres bedürfe daher sicherer Bürgschaften, um endlich im Frieden leben zu körnten.
General Wimpffen bat nunmehr um Bewilligung eines 24 ständigen Waffenstillstandes, damit er mit den übrigen französischen Generalen zu einem Kriegsrate zusammentreten könne.
General von Moltke lehnte auch dieses ab und kündigte schließlich für den Fall, daß die von ihm gestellten Bedingungen bis 9 Uhr morgens nicht angenommen wären, den Wiederbeginn des Kampfes an.
Um 1 Uhr nachts wurden die Verhandlungen abgebrochen, ohne zu einem bestimmten Ergebnisse geführt zu haben, und die französischen Bevollmächtigten begaben sich nach Sedan zurück. Da es indessen keinem Zweifel unterlag, daß die besiegte und fest umschlossene Armee sich den gestellten Bedingungen werbe fügen muffen, so würde der Wortlaut der letztem noch in der Nacht vom Großen Generalstabe des Hauptquartiers festgesetzt.
Am Morgen des 2. September hielten sich die beutscheit Truppen zur Wieberaustmhnte des Kampfes bereit; die Artillerie stanb schußfertig in ihren Stellungen. Da von französischer Seite noch immer kein Bevollmächtigter erschien, so würde ein Hauptmann nach Seban entsanbt, um dem General
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Extrahierte Personennamen: Graf_Bismarck Moltke Moltke Moltke Bismarck Moltke
Extrahierte Ortsnamen: Donchery Deutschland Deutschlands Weigerungsfälle Frankreich Deutschland Sedan
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V. Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I.
Wimpffen mitzuteilen, daß die Feindseligkeiten um 10 Uhr vormittags Wiederbeginnen würden, falls bis dahin das Zustandekommen der Kapitulation nicht gesichert sei. Der französische Oberbefehlshaber weigerte sich dennoch, die Verhandlungen wieder aufzunehmen, indem er sich auf eine Weisung des Kaisers berief, die Festung vor dessen beabsichtigter Unterredung mit dem Könige nicht zu verlassen. Als indessen der Hauptmann erklärte, daß er in solchem Falle den Auftrag habe, auf seinem Rückwege den vor Sedan befindlichen deutschen Truppen Befehl zum Feuern zu überbringen, entschloß sich General Wimpffen endlich zum Aufbruche.
Unter solchen Umständen traten die französischen Bevollmächtigten von neuem in die Verhandlungen ein. Mittlerweile war General von Moltke um 9 Uhr morgens Sr. Majestät dem König entgegen geritten, der den Entwurf der Kapitulation genehmigte und zugleich erklärte, daß er nur im Falle der Unterzeichnung zu einer Unterredung mit dem Kaiser bereit sei. Nachdem General von Moltke mit dieser Entscheidung im Schloß Bellevue eingetroffen war, erfolgte daselbst ohne fernern Widerspruch die Unterzeichnung der Kapitulation auf der am vorigen Abend von deutscher Seite aufgestellten Grundlage. General Wimpffen mußte anerkennen, daß seine Armee bei gänzlichem Mangel an Lebensmitteln und Schießbedarf und angesichts der sie umgebenden überlegenen Streitkräfte kaum noch widerstandsfähig sei, daß eine Fortsetzung des Kampfes daher nur zu nutzlosen Opfern führen könne.
Die gefangene französische Armee, noch 83000 Mann stark, wurde auf die Maashalbinfel Jges (Karte Nr. 4) geführt, dort entwaffnet und nach deutschen Festungen in die Kriegsgefangenschaft geführt. Die französischen Offiziere, die ihr Ehrenwort gaben, in diesem Kriege nicht mehr zu kämpfen, wurden in die Heimat entlassen; die dieses Ehrenwort nicht geben wollten, wurden kriegsgefangen. Kaiser Napoleon wurde unter dem Schutze deutscher Truppen zur belgischen Grenze und von da nach dem Schlosse Wilhelmshöhe bei Kassel als Kriegsgefangener geführt.
Der Sturz Napoleons Iii. Als in Paris die Kunde von der Schlacht bei Sedan eintraf, wurde Napoleon des Thrones verlustig erklärt und in Frankreich zum drittenmal die republikanische Staatsform eingeführt. Die Kaiserin entkam unerkannt nach England; die Gegner des Kaisers, Jules Favre und Leon Gambetta, traten an die Spitze der Regierung.
Der Kampf gegen die Französische Republik. Die republikanische Regierung in Frankreich stellte durch allgemeine Aushebung vier neue Armeen ins Feld; die erste wurde im Norden, die zweite an der Loire, die dritte an der Ost grenze und die vierte zum Schutze von Paris gebildet.
; Paris war am 19. September bereits von den Deutschen eingeschlossen. Am 27. September fand die Übergabe von Straßburg, am 27. Oktober die von Metz statt. Dadurch wurden die deutschen Streitkräfte, die diese Festungen belagert hatten, frei zur Verwendung gegen die neuen republikanischen Heere. Die französische Loirearmee wurde von dem bayrischen General von der Tann, dem Prinzen Friedrich Karl und dem Großherzoge von Mecklenburg bei Orleans, Beaune la Rolande und
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Extrahierte Ortsnamen: Sedan Maashalbinfel_Jges Kassel Napoleons Paris Sedan Frankreich England Französische_Republik Frankreich Paris Paris Metz Mecklenburg
8. Die Erneuerung des Deutschen Reiches.
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in andern Gefechten besiegt und durch die Schlacht bei Le Mans vernichtet. Orleans und Tours wurden besetzt. Die Nordarmee erlitt das gleiche Schicksal durch die Schlachten bei Amiens, an der Ha lue und Saint-Quentin durch die Generale v. Manteuffel und v. Goeben; Manteuffel und Werder zwangen die Ostarmee durch die dreitägige Schlacht bei Montbeliard und Belfort, sich auf schweizerisches Gebiet zu retten. Da auch Haris sich aus Mangel an Lebensmitteln nicht mehr halten konnte und die Übergabe anbot, wurde den Franzosen am 28. Januar ein Waffenstillstand bewilligt, dem am 10. Mai der Friede zu Frankfurt am Main folgte. In diesem Frieden trat Frankreich das Elsaß und Deutsch-Lothringen einschließlich Metz ab und verpflichtete sich, innerhalb dreier Jahre fünf Milliarden Frcs. Kriegskosten zu zahlen und bis dahin eine deutsche Besatzung zu unterhalten. Der deutsche Kronprinz, Prinz Friedrich Karl, Moltke und Roon waren zu Feld-marschällen ernannt, dem Grafen Bismarck der Fürstentitel verliehen worden.
„Flammt auf von allen Spitzen, Das grause Spiel der Waffen,
Ihr Feuer deutscher Lust. Mit Gott ist's abgetan,
Und weckt mit euern Blitzen Und, die das Schwert geschaffen,
Lin Danklied jeder Brust! Die Palmenzeit bricht an.
8. Die Erneuerung des Deutschen Reiches.
Was Napoleon durch den Krieg hatte verhindern wollen, war gerade befördert worden, die Einigung Deutschlands. Während des Krieges hatte Bismarck mit den Vertretern von Bayern, Württemberg, Sachsen, Baden und der übrigen deutschen Staaten Verhandlungen behuss Wiedererrichtung des Deutschen Reiches angeknüpft. Am 18. Januar 1871 nahm König Wilhelm von Preußen die erbliche Kaiserkrone des neuen Deutschen Reiches aus der Hand der deutschen Fürsten an. Die Kaiserproklamation fand statt zu Versailles im Schlosse Ludwigs Xiv., in dem so viele Pläne zur Demütigung Deutschlands in die Wege geleitet worden waren. Sie sand statt genau 170 Jahre nach der Krönung des ersten preußischen Königs zu Königsberg. Unendlicher Jubel herrschte im ganzen deutschen Volke über die in heißem Kampf erstrittene Einheit. Alle deutschen Herzen schlugen in hoher Begeisterung dem großen Heldenkaiser entgegen, der gelobte, „allezeit Mehrer des Deutschen Reiches zu sein, nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des Friedens, aus dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung".
Dahmen, Leitfaden. Iv. Nenbtg. 7
preis dem Herrn, dem starken Retter, Der nach wunderbarem Rat Aus dem Staub uns hob im Wetter Und uns heut im Säuseln nahtl"
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